Pfarrer Glombitza im Gespräch: Ein halbes Jahr in Philipp Neri

Am 1. Advent 2020 wurde das neue Pfarrteam in unserer Pfarrei willkommen geheißen. Wie ist es ihnen in den ersten Monaten ergangen? Was sind die aktuellen Themen und Herausforderungen? Und was macht für sie Gemeinde aus? Pfarrer Glombitza hat sich diesen und weiteren Fragen gestellt.

Lieber Herr Pfarrer Glombitza, Sie sind nun seit etwas über einem halben Jahr leitender Pfarrer in unserer Pfarrei. Wie haben Sie die ersten Monate im Leipziger Westen erlebt?
Jeder Tag hier bringt etwas anderes Neues. Üblicherweise gibt es am Beginn eine formelle Übergabe des alten an das neue Pfarrteam. In Philipp Neri haben das zum großen Teil engagierte Mitglieder der Pfarrei übernommen. Da schwingen im Gegensatz zur Übergabe zwischen Pfarrern auch gleich viele Wünsche mit. Ich bin noch in der Phase, in der ich mir ein Bild mache. Dabei gibt es Themen, die ich in der Gemeinde wahrnehme: Die Aufarbeitung der Vergangenheit oder der neue pastorale Raum beispielsweise. Dabei haben die Kontaktbeschränkungen unsere Ankunft in der Pfarrei natürlich erschwert.

Was erleben Sie als gut und wo gibt es Herausforderungen?
Sehr positiv fällt mir auf, dass es viele engagierte Menschen gibt. Das merkt man zum Beispiel in den Gremien oder bei der Arbeit am institutionellen Schutzkonzept: Da brennt etwas unter den Nägeln, das ist uns wichtig, daran wollen wir arbeiten. Das ist sehr erfreulich und stimmt mich optimistisch. Gleichzeitig muss auch Ruhe einkehren: Es muss nicht alles auf einmal getan werden. Dabei stehe ich auch in einem guten Austausch mit dem Ordinariat, das sich der besonderen Situation in unserer Pfarrei sehr bewusst ist. Das Bistum sieht, dass wir am Beginn eines Prozesses sind, an dem andere Gemeinden bereits zwei Jahre arbeiten.

Welche Talente und Ideen bringen Sie mit?
Ich bin sehr schüchtern, aber das glaubt mir immer keiner (lacht). Nein, ich habe ein Talent zum Entknoten. Aber wo man etwas aufknotet, entsteht manchmal woanders ein neuer Knoten. Ich habe eine Vorstellung, wohin die Reise gehen soll. Aber das ist ein Prozess, der Zeit braucht. Die dürfen wir uns als Pfarrei auch nehmen und Schritt für Schritt gehen. Eile mit Weile, wie es so schön heißt.

Wofür wollen Sie sich besonders einsetzen?
Nach kirchenrechtlichem Verständnis ist der Pfarrer für alle da. Vielleicht ist das bloß eine Floskel, aber dafür hat der Pfarrer ja auch ein Team. Ich möchte an alle Menschen in der Gemeinde denken, vor allem auch an Suchende oder Ausgetretene. Diesen Trend gibt es wie in ganz Deutschland auch in unserer Pfarrei. Das macht mir Sorge und ich möchte das nicht so belassen. Ich möchte da das Gespräch suchen. Aber nicht nur da: Ich merke in den letzten Wochen eine verstärkte Nachfrage nach der Krankenkommunion, vor allem bei älteren Menschen, die durch Corona abgeschottet waren. Ich bin jede Woche bei mehreren Familien zu Besuch, die mich einladen. Da genieße ich die Gastfreundschaft der Gemeinde. Da kommt man ins Gespräch und erfährt die Nöte und Sorgen der Gemeinde. Die Leute kennenzulernen versuche ich auch, indem ich die Menschen nach der Messe im Ausgangsbereich persönlich verabschiede. Und wenn es wieder möglich ist, werden wir auch zusammen feiern, Seniorennachmittage haben und die Beziehungen werden dann wieder aufblühen.

Was macht für Sie Gemeinde aus?
Wichtig ist mir, Beziehungen zu den Menschen aufzubauen. Das ist ein wichtiger Aspekt meines seelsorgerischen Wirkens. Dabei muss nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen herrschen. Aber man muss nach einer Meinungsverschiedenheit das Buch auch wieder zuklappen und weiterreden können. Das ist idealistisch, aber sehr wichtig. Sitzungen sind in der Gemeinde auch wichtig, aber was ich nicht mag ist ein Sitzungskatholizismus. Wir haben eine Botschaft und dürfen bei allem Engagement in den Gremien und verschiedenen kirchlichen Orten unserer Pfarrei nicht vergessen, warum wir das machen: Das letzte Ziel ist Jesus Christus und ihn dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Wir können die Vielzahl an Angeboten um uns herum nicht toppen, aber wenn wir bei ihm bleiben und jeder und jede in einer ganz eigenen Weise im Alltag als Jesu Zeuge lebt, dann macht uns das einzigartig. Das macht für mich auch Gemeinde aus: konkret in unserer Pfarrei 6400 Individuen unter einen Hut zu bringen und aus Jesu Geist heraus zu leben.

Welche Themen brennen aktuell am meisten?
Von Anfang an hatte das institutionelle Schutzkonzept oberste Priorität. Deswegen habe ich unserem Gemeindereferenten Vinzenz Hruschka auch viele Kapazitäten eingeräumt, um sich darum gemeinsam mit einem Team Ehrenamtlicher zu kümmern. Ich bin sehr dankbar für den Einsatz dieses Teams. Ich mache mir aber auch etwas Sorgen, dass die Engagierten sehr an ihre Grenzen kommen. Es braucht da noch Unterstützung und auch hier gilt es, Ruhe reinzubringen. Das zweite wichtige Thema ist der Erkundungsprozess und das pastorale Konzept für unsere Pfarrei. Wir müssen uns als Pfarrei fragen: Was können und wollen wir ganz realistisch leisten. Wir sind vom Ordinariat verpflichtet, auch ein Liegenschaftskonzept zu machen: Welche Immobilien brauchen wir und welche können wir unterhalten? Ein drittes Thema: Wir sind als Hauptamtliche nicht mehr in den einzelnen Gemeinden, sondern für die gesamte Pfarrei zuständig. Ich bin als Pfarrer auch für die Menschen beispielsweise in Gundorf, Altranstädt oder Knautkleeberg da. Viertens: Wir haben dem Bistum signalisiert, dass wir einen Verwaltungsleiter brauchen. Der Bischof hat vollstes Verständnis für unsere Situation. Ich sehe mich zuallererst als Seelsorger und das braucht Zeit. Ich bin aber aktuell zu einem großen Teil mit Verwaltung beschäftigt. Ich will auch nicht die Ehrenamtlichen überfordern, die haben auch ihren Alltag.

Was wünschen Sie sich?
Ich wünsche mir Geduld. Es geht um ein Kennenlernen, auch der Erwartungen in den Gemeinden. Dafür braucht es Weitblick und auch Struktur. Und wenn jemand eine Idee und Kapazitäten hat, ist jeder gefragt, sich einzubringen. Außerdem wünsche ich mir, von der Verwaltung entbunden zu werden, um mehr Zeit für die Seelsorge und die Menschen in der Pfarrei zu haben. Denn Seelsorge ist unser Geschäft.

Noch eine ganz konkrete Frage zum Schluss: Warum wohnen Sie nicht im Pfarrhaus?
Das Pfarrhaus ist sanierungsbedürftig. Dessen werden wir uns jetzt annehmen. Deswegen wohne ich aktuell nur in der Nähe. Ich ziehe nach der Sanierung ins Pfarrhaus in der Karl-Heine-Straße und unser neuer Kaplan, Timo Niegsch, ebenfalls. Die Pfarrkirche ist in Lindenau und unser Pfarrhaus auch. Wir müssen über den eigenen Tellerrand schauen und uns als eins sehen. Wir sind als eine Pfarrei unterwegs.

Lieber Herr Pfarrer Glombitza, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Silvia Funke