„Die Pfarrei – Mein Zuhause“: Unser Gemeindefest

Am 04. Juni fand unser Gemeindefest, das Patronatsfest des Hl. Philipp Neri, in St. Martin in Grünau statt. Gut 330 Gemeindemitglieder waren dabei, als Pfarrer Glombitza und Gemeindereferent Hruschka den Gottesdienst eröffneten. Leider konnte Kaplan Kreher krankheitsbedingt nicht anwesend sein.

Dass ein Gemeinde- und Patronatsfest zum Dreifaltigkeitssonntag kein Zufall sein kann, wurde gleich zum Anfang der Messe thematisiert und somit das Anliegen für diesen Gottesdienst vorgegeben: dem Heiligen Geist in unseren Gemeinden durch Hören, Beten und Vertrauen auf Gott auf die Spur zu kommen und das Gemeindefest als Versammlung im Namen unseres Patrons, des Heiligen Philipp Neri, mit allen Gemeinden an einem Ort, also in St. Martin, zu feiern. Für unsere Großpfarrei wurden fünf Kerzen entzündet und gesegnet. Sie stehen für unsere Gottesdienstorte in Böhlitz, Grünau, Lindenau, Leutzsch und Großzschocher und wurden von Angelika Pohler gefertigt.

Was in unserer Gemeinde steckt, konnte sich von Anfang an und während der gesamten Messe hören lassen: sowohl Gesang als auch Liedauswahl des gemeinsamen Gemeindechores aus Böhlitz, Grünau und Lindenau, des Schülerchores und aller Musiker schafften eine feierliche Atmosphäre.

Die Predigt (zu lesen im Anhang), die Pfarrer Glombitza, Kaplan Kreher und Gemeindereferent Hruschka gemeinsam verfasst hatten, enthielt überraschenderweise eine Bitte um aktive Beteiligung an unsere Gemeinden. Alle Gemeindemitglieder wurden von den Hauptamtlichen eingeladen in den kommenden Wochen verschiedene Möglichkeiten zu nutzen, um die Zeit vor dem Zusammenschluss als Großpfarrei noch einmal präsent werden zu lassen. Die Möglichkeiten dafür wurden während der Predigt präsentiert.

Für die drei Ortskirchen in Böhlitz (mit Leutzsch), Grünau (mit Markranstädt) und Lindenau (mit Großzschocher) lagen Dankbücher zum Eintragen von vergangenen Gemeinde-Geschichten aus. Dazu gab es Pinnwände zum Anpinnen von Fotos oder anderen sichtbaren Erinnerungen aus dem Gemeindeleben. Die beeindruckende „Klagemauer“ wurde in drei Teile geteilt, dass in jedem Gemeindort alle Klagen um das Vergangene und Gegenwärtige angeheftet werden können. Pfarrer Glombitza warb eindringlich um Nutzung dieser Angebote, die bis zum Herbst bereitstehen.

Doch nicht nur der Inhalt der Predigt bot zahlreiche Möglichkeiten sich innerlich ansprechen zu lassen, auch die Fürbitten rückten die Kirchorte unserer Großpfarrei bewusst in den Fokus, was sehr berührend war.

Dass unser Patron Philipp Neri auch ein heiterer Geist war, zeigte sich nach der fast zweistündigen Messe. Bei wunderbarem Sommerwetter wurden zur körperlichen Stärkung 250 Bratwürste, 40 Grillkäse, 15 selbstgebackene Kuchen, zahlreiche Getränke und 120 Portionen Zuckerwatte für junge und reifere sowie kleine und große Gemeindemitglieder gereicht. Das lebendige Zusammensein wurde durch Bastel- und Schminkangebote für die Kinder abgerundet, die sich auf der einladenden Wiese in Grünau einfach auch nur austoben konnten.

Resümee dieses Patronatsfestes: gerne weitere feierliche Auftritte unseres gemeinsamen Gemeinde- und Schülerchores, weitere lebendige Katechesen und Angebote für die Kinder, weitere sehr gut organisierte Partys danach und weitere ansprechende Messen, die – so gestaltet – gerne auch zwei Stunden dauern dürfen. Herzlichen Dank und Vergelts Gott an alle, die dieses Patronatsfest zu so einem stimmungsvollen und freudigen Ereignis haben werden lassen.

Steffi Töpfer

Predigt zu Joh 4,5–7;19–26
Philipp-Neri-Fest „Die Pfarrei – Mein Zuhause“
(Sonntag, 04. Juni 2023)

Jesus und die Anbetung im „Geist und in der Wahrheit“
Liebe Gemeinden,
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,
das Evangelium, dass wir heute gehört haben, nimmt uns mit an eine bedeutungsvolle Begegnung: Jesus spricht am sogenannten Jakobsbrunnen mit einer Frau aus Samarien. Die Samariter sind eine Religionsgemeinschaft, die wie das Judentum aus den Völkern Israels hervorgegangen sind. Zur Zeit Jesu gab es religiöse Verwerfungen zwischen Juden und Samaritern. Eine der Fragen, die die Menschen beschäftigte: Wie und wo wird eigentlich richtig gebetet und richtig Gottesdienst gefeiert? Wie sieht die richtige Gottesbeziehung aus? Wo kann man Gott wahrhaftig begegnen?

Das sind Fragen, die über die Jahrhunderte und Jahrtausende aktuell geblieben sind und auch heute uns immer wieder aufs Neue herausfordern.
Wo erlebe ich den echten Glauben? In meiner Heimatgemeinde? Auch in der Nachbargemeinde? Mal im Urlaub, in einer anderen Pfarrei oder vielleicht mit dem Bischof, oder in Rom oder doch eher ganz weit weg davon?

Lassen Sie uns heute auf die Antwort schauen, die Jesus der samaritanischen Frau gibt. Auf ihre Frage hin, spricht er zu ihr über Gott, den Vater und den Hl. Geist! Er sagt:
Aber die Stunde kommt und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden.
Was meint das?

Ich glaube, dass uns Jesus hier vor zu festen Formen und Strukturen, deren Extreme Formalismus und Traditionalismus sein können, warnen und stattdessen zu einer echten Beziehung mit Gott ermutigen will. Denn genau das war der Streitpunkt. Die Juden behaupteten, der Tempel in Jerusalem sei die einzig wahre Stelle der Präsenz Gottes, dort müsse gebetet werden. Die Samaritaner hingegen verorten die Gegenwart Gottes auf ihrem heiligen Berg, dem Garazim.

Jesus aber bringt eine völlig neue Dimension hinein. Von ihm erfahren wir, dass es eigentlich völlig egal ist, wo wir beten, sondern dass wir beten. Nicht nur irgendwelche vorgeschriebenen Gebete, sondern wirklich mit Gott reden. Das war das radikal neue am Christentum: Zu Gott dürfen wir „Abba, Vater, Papi“ sagen!

Und so heißt im Geist und in der Wahrheit anbeten vielleicht, dass ich keine Angst davor habe, ehrlich vor Gott zu sein. Dass ich eine echte Beziehung zu ihm aufbaue. Das kann ich nicht allein. Dazu braucht es die Kraft des Heiligen Geistes, dessen Kommen wir an Pfingsten gefeiert haben. Er wird unser Herz berühren und es hinführen zu Gott. Wenn wir akzeptieren können, dass Glauben Beziehung ist, dann ist es auch völlig logisch, dass es viele unterschiedliche Beziehungen gibt. Keine ist besser oder schlechter, Jerusalem oder Garazim: egal!
Und somit ist auch Vielfalt unterschiedlicher Formen und Gottesdienstorte eine Bereicherung für den Glauben. Denn wenn es viele Wege zu Gott gibt, steigt doch auch die Wahrscheinlichkeit für jeden einzelnen, innerhalb dessen seinen Weg zu Gott und mit Jesus Christus zu finden.

So eine Zukunft als Einheit in Vielfalt ist durchaus mit Herausforderungen verbunden. Können wir uns darauf einlassen, dass unsere Gottesbeziehungen durch „Geist und Wahrheit“ neu gestaltet werden? Dass der Geist auch heute Neues hervorbringt? Vielleicht sehen sie dann in einigen Punkten ganz anders aus, als wir es heute erwarten würden!

Jesus zur Tradition „Das Heil kommt von den Juden“
Im Gespräch mit der samaritanischen Frau betont Jesus aber auch einen anderen Punkt. An die Frau gerichtet sagt er:
Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden.
Auch das ist für uns heute sehr wichtig! Was kann das bedeuten?

Glaube und Gottesverehrung sind etwas, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Glauben kann ich mir nicht ausdenken! Er hat eine Vergangenheit und eine Zukunft.
Der Glaube lebt und wächst also auch in festen Formen und Strukturen. Glaube entwickelt sich mit den Menschen und ihrem aktiven Tun vor Ort.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet, braucht lebendiger Glaube auch Tradition und Strukturen! Der Glaube, der uns heute eine Identität gibt, hat auch eine uns verbindende und gewachsene Geschichte! Wir alle sind ein Teil davon!

So eine gemeinsame Geschichte haben auch Familien durch Traditionen… Daran erkennt man: Das sind wir! Das ist unsere Familie…
Z.B. feste Rituale; das Feiern von Festen und Feiertagen; die eine Geschichte von früher, die immer wieder (von Oma oder Opa…) bei Familienfeiern erzählt wird…
Insofern dürfen wir die Aussage Jesu auch so verstehen, dass wir eingeladen sind, auf unsere eigene Vergangenheit zu schauen und die eigene Tradition – das, was wir kennen und kennengelernt haben – als Teil unseres Glaubens und Teil unserer Identität zu verstehen!

Zu unserer eigenen Vergangenheit als Gemeinden in dieser Pfarrei gehören eben auch Veränderungsprozesse und Strukturfragen dazu. Wir dürfen das Wort Jesu ernst nehmen und uns als neue Pfarrei Philipp Neri fragen: Welche Traditionen leben bei uns und haben zu dem Glauben geführt, der heute hier bei uns lebendig ist?
Welche Geschichten der Vergangenheit unserer Teilgemeinden sind für uns heute prägend?

Aktuell besteht die Pfarrei St. Philipp Neri aus drei sehr unterschiedlichen Teilgemeinden an fünf Gottesdienstorten. Für all diese brennen die Kerzen auf dem Altar.

Drei Zeichen für die eigene Geschichte
Als Pfarrei stecken wir mitten in einem Struktur- und Veränderungsprozess. Wir sind dabei, uns als Pfarrei aus verschiedenen Gemeindeteilen neu zu verstehen und neu zu begegnen. Wir möchten auf diesem Weg an den Vorschlag Jesu anknüpfen und sowohl den Blick nach vorn richten auf das Neue, das der Hl. Geist in seinem Kommen ermöglicht und den Blick zurück richten auf die eigene Geschichte und die eigenen Traditionen.
Wir möchten die Gemeinden einladen sich noch einmal intensiv mit ihrer eigenen Geschichte und ihrer eigenen Traditionen und Identität auseinanderzusetzen.
Dafür schlagen wir einen Weg vor, der verschiedene Aspekte der eigenen Geschichte in den Blick nimmt und sichtbar machen kann.
Drei ganz wesentliche Punkte gehören für uns dazu:

Erinnerungen, Dankbarkeit, aber auch das Klagen und Bitten.
Erinnerungen an schöne vergangenen Momente können auf vielerlei Weisen festgehalten werden. Vielleicht gibt es Fotos, Beiträge in Zeitungen, Plakate, Flyer und vieles mehr, die Gemeindemitglieder über viele Jahre aufgehoben und gesammelt haben, weil sie wertvolle Erinnerungen bergen.

Mit diesen Pinnwänden wollen wir die Möglichkeit geben, diese Erinnerungen sichtbar zu machen und laden ein zu einer kleinen Ausstellung.
Immer wieder erreichen uns Geschichten und Erfahrungen aus der Mitte unserer Gemeinden, für die Menschen dankbar sind: Die Erfahrungen von Gemeinschaft und Begegnung, die persönliche Begleitung und das Erlebnis mit bekannten oder unbekannten Persönlichkeiten; familiäre Meilensteine und Rituale… Persönliche (Lebens-)Geschichten, die in unseren Gemeinden geschrieben wurden.

Diese Bücher dürfen den Raum öffnen, Momente und Erlebnisse, auf die mit Dankbarkeit zurückgeschaut werden kann, zu teilen.
In diesen Büchern darf der „Geist“, der unsere Pfarrei in den letzten Jahrzehnten erfüllt hat noch einmal lebendig werden und zur Sprache kommen!

Nicht alles, was in unseren Gemeinden geschehen ist, war ausschließlich gut, es gibt auch Verletzungen und Wunden, die heilen müssen und die Zeit zur Heilung brauchen. Das Zeichen für diese Erfahrung ist die Trennungsmauer, eine Klagemauer. An diese Mauer dürfen alle Erfahrungen und Erlebnisse geheftet und geteilt werden, die uns als Pfarrei belasten und unsere Gemeinden voneinander trennen. Jede Gemeinde bekommt ein Stück dieser Mauer mit an den jeweiligen Kirchenort.

Das Projekt „Die Pfarrei – Mein Zuhause“
In jeder unserer drei Gemeinden werden wir diese drei Gegenstände in der Kirche aufbauen. Im nächsten halben Jahr dürfen wir uns Zeit nehmen, diese „Gedenkorte“ mit Inhalt zu füllen. Wenn wir dann im Advent ein neues Kirchenjahr beginnen, wollen wir alles Gesammelte in einem gemeinsamen Gottesdienst vor Gott bringen. Den Blick auf die Vergangenheit und die eigene Geschichte nehmen wir mit in eine gemeinsame Zukunft.
Im Gespräch mit der samaritanischen Frau gibt uns Jesus in seiner Antwort genau diese zwei Richtungen: Den Blick nach vorn und den Blick zurück auf die eigene Geschichte.
In diesem Anliegen richten wir als Pfarrei in den kommenden Monaten den Blick zurück auf unsere Traditionen, auf das, was hier an diesen Orten gewachsen und geworden ist, aber auch, was Angst macht und manchmal Schmerz und Trennung verursacht, damit Heilung geschehen kann. Und wir richten den Blick nach vorn, auf unsere Freundschaft und Beziehung mit Gott und unser Leben im Hl. Geist:
Wenn wir auf die Pfarrei schauen und unsere Kirche, dann haben wir für alle Menschen, die hier leben, dieses Ziel vor Augen: Die Freundschaft mit Gott vertiefen! Ihn im „Geist und in der Wahrheit“ anbeten, wie Jesus sagt.
Wir dürfen auf die Stimme des Hl. Geistes in uns hören und die Sehnsucht, die sich darin in uns ausbreitet: Eine Sehnsucht nach Gott in unserem Herzen nach Liebe und Geborgenheit, nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit und einem neuen Miteinander.
Möge der Hl. Geist zu unserem Wollen auch das Vollbringen schenken und sein Werk vollenden, was er bereits jetzt in und mit uns und in dieser Welt begonnen hat.
Amen.