Abschied von der Markranstädter Marienkirche

Am Sonntag, den 18. September 2022, war es so weit: der letzte katholische Gottesdienst in der Kirche „Maria, Hilfe der Christen“. Während in den letzten Jahren am Sonntag nur noch wenige ältere Gläubige den Weg in die schöne Kapelle fanden, war sie an diesem herbstlichen Morgen um 8.30 Uhr ziemlich voll. An der Krakauer Straße war kein Parkplatz mehr zu finden, weil auch viele Grünauer und Leipziger Katholiken den Weg nach Markranstädt auf sich genommen hatten, um die Kirche, in der sie getauft wurden, Erstkommunion gefeiert hatten, gefirmt oder getraut wurden, noch einmal zu sehen.

Mit diesem Gottesdienst wurde ein Gotteshaus geschlossen, das mehr als hundert Jahre Heimstätte vieler Katholiken war. Ende des 19. Jahrhunderts kamen im Zuge der Industrialisierung aus Schlesien katholische Arbeiter in das evangelisch geprägte Leipziger Umland und gründeten 1884 eine katholische Gemeinde in Markranstädt. Elf Jahre später erteilte der sächsische König die Baugenehmigung für die Kirche „Maria, Hilfe der Christen“. Sie wurde vom Maurermeister Carl Unfug aus Ohlau (Schlesien) gestiftet, der die Baukosten von 7800 Goldmark übernahm. Am 8. September 1896 konnte sie eingeweiht werden.

126 Jahre später wurde zum letzten Mal für einen Gottesdienst geläutet. Am 18. September 2022 war noch alles vorhanden, was die Kirche seit ihrer letzten Renovierung Anfang der 60er Jahre ausgemacht hatte. Die Sonne schien durch das eindrucksvolle Glas-Bild hinter dem Altar, das von Medardus Höbelt, einem Altenburger Künstler, geschaffen wurde und den auferstandenen Jesus als Guten Hirten zeigte. Auf der Orgel spielte der letzte Organist der Kirche, Herr Heppner, und neben ihm auf der Empore stand der Bläserchor der evangelischen Gemeinde.

Den Abschiedsgottesdienst zelebrierte Pfarrer Andrzej Glombitza, der in seiner Predigt das Gleichnis vom ungerechten Verwalter auslegte. Auch wenn die festliche Musik den Abschied von der Kirche erleichterte, lag eine wehmütige Stimmung im Raum. Der Bläserchor stimmte ein letztes Mal in diesem Raum „Großer Gott wir loben Dich“ an und manch einer sang dabei gegen die eigene Traurigkeit an. Zum Schluss der Messe bedankte sich Pfarrer Glombitza bei den verbliebenen aktiven Kirchenmitgliedern von Markranstädt für ihr jahrelanges ehrenamtliches Engagement. In einer Schweigeminute wurde der Seelsorger gedacht, die in den vergangenen Jahrzehnten das Gemeindeleben prägten: Dr. Benno Scholze, Fritz Remy, Georg Scholze und Johannes Felke. Nicht zuletzt wurde den drei Gottesdienstbeauftragten gedankt, die sich nach der Verabschiedung von Pfarrer Felke ehrenamtlich um die Markranstädter Gemeinde gekümmert hatten (Prof. Dr. Günter Fitzl, Bettina Schöbel und Frank Haschke).

Zwei Vertreter der evangelischen Kirchgemeinde St. Laurentius drückten durch eine kleine Ansprache ihre Anteilnahme aus und luden herzlich zum gemeinsamen Gebet ein. Schließlich ergriff auch die Bürgermeisterin von Markranstädt, Nadine Stitterich, das Wort. Mit der Schließung der Kirche sei ein bedauerlicher Verlust an kulturellem Leben verbunden. Die Stadt Markranstädt habe das Pfarrhaus mit Kirche in Erbpacht erworben, um es denkmalgerecht zu sanieren und für Verwaltungszwecke zu nutzen. Die genaue Zweckbestimmung müsse noch im Stadtrat beraten werden. In jedem Falle solle die Kirche dem Stadtbild und Stadtleben erhalten bleiben.

Nach der Messe wurde darüber diskutiert, was nach der Entweihung der Marienkirche mit den sakralen Gegenständen geschieht. Pfarrer Glombitza konnte mitteilen, dass die Kirchenbänke und vielleicht auch die Orgel von einer polnischen Pfarrgemeinde gekauft werden. Mittlerweile wurde beschlossen, den Kreuzweg und die Mutter-Gottes-Figur in St. Martin aufzustellen, um die Erinnerung an die Marienkirche zu bewahren und den Markranstädter Christen bei einem Messbesuch in Grünau ein Gefühl des Aufgenommenseins zu vermitteln. Das eindrucksvolle Glasbild und die Glocke bleiben vor Ort und werden von der Stadt Markranstädt erhalten.